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Pressemitteilungen


09.11.2020 | Pressestelle (allgemein)

82. Jahrestag der Reichspogromnacht

Bild: brennende Kerzen vor Mahnmal
Brennende Kerzen vor Mahnmal

Veröffentlichung von Bürgermeister Fuchs zum Gedenktag

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

im Jahr 2020 ist aufgrund der Corona-Pandemie und der zur Eindämmung des Infektionsgeschehens verordneten Maßnahmen vieles anders als sonst. Auch das gemeinsame November-Gedenken und Erinnern an die Geschehnisse unserer Vergangenheit kann nicht im gewohnten Umfang bei Zusammenkünften an unterschiedlichen Orten in unserer Stadt stattfinden. Trotz der aktuellen Probleme darf es nicht vergessen werden.

Heute erinnere ich daher auf diesem Wege an den 82. Jahrestag der Reichspogromnacht, eine der beschämendsten Stunden der jüngeren deutschen Geschichte, die eine erschreckende, neue Stufe der Eskalation der nationalsozialistischen „Judenpolitik“ darstellte. Die systematische Ausgrenzung, Entrechtung und letztliche Ermordung von Bürgerinnen und Bürgern jüdischen Glaubens während des Nationalsozialismus ist das genaue Gegenteil von dem, was wir heute in unserem Rechts- und Verfassungsstaat Bundesrepublik Deutschland leben und vorleben dürfen. Die Schändung und Zerstörung von Synagogen in ganz Deutschland, die Gewalt gegen Juden und ihren Besitz, fand in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 statt – und das auch in Jülich.

In unserer Stadt hatte sich seit dem 19. Jahrhundert eine lebendige jüdische Gemeinde gebildet. Der Bau einer eigenen Synagoge, die 1862 eingeweiht wurde, stellte einen Höhepunkt in der damals noch jungen Emanzipationsgeschichte der Juden dar. Erst das in preußischer Zeit 1847 erlassene Gesetz „Die Verhältnisse der Juden betreffend“ gewährte den Juden Freizügigkeit und das passive Wahlrecht auf kommunaler Ebene. Nun zogen verstärkt Familien jüdischen Glaubens in die Städte, während das in der Frühen Neuzeit entstandene sogenannte Landjudentum auf den Dörfern mehr und mehr an Substanz verlor. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1911 stieg die Zahl von Mitbürgern jüdischen Glaubens kontinuierlich von 72 auf 178, um danach wieder zu sinken. Die antijüdischen Repressionen des NS-Staates führten dazu, dass 1939 nur noch 52 Juden in Jülich lebten.

Auf dem Weg zum Holocaust stellte die Reichspogromnacht ein Fanal dar, so dass die letzten Nischen, die sich das jüdische Leben in Deutschland bewahrt hatte, ein Ende fanden.

Die Ereignisse um die Schändung der Jülicher Synagoge in dieser Nacht lassen sich nur unvollständig rekonstruieren. Besonders wichtig finde ich es, daran zu erinnern, dass, wie Zeitzeugen berichteten, „an den Ausschreitungen … sich nicht nur NS-Funktionsträger, sondern auch ‚ganz normale‘ Bürger beteiligt“ haben.

Die nach den Ereignissen vom November 1938 ungenutzte Jülicher Synagoge wurde erst beim Alliierten Luftangriff vom 16. November 1944 schwer beschädigt. Trotzdem standen noch nach 1945 beachtliche Teile des Außenmauerwerks, die erst 1958 im Zuge des Baues eines Wohnblocks verschwanden!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft kam nicht von innen heraus, sondern musste von außen erzwungen werden. Der Sieg der Alliierten im Zweiten Weltkrieg über Deutschland bedeutete die Befreiung vom Nationalsozialismus. Er ebnete den Weg zur Demokratie, wenn auch für mehr als 40 Jahre nur für einen Teil Deutschlands und unter Verlust erheblicher Gebiete im Osten Europas. Das Eingeständnis, dass die Herrschaft des Nationalsozialismus so erfolgreich sein konnte, da sie weite Teile der Bevölkerung aller Regionen Deutschlands durchdrungen hatte, ist aus lokaler Perspektive schmerzlich. Die Stadt Jülich bildete hier keine Ausnahme, keine „Insel der Seligen“, sie war vielmehr Teil des Unrechtssystems des Dritten Reiches. Die systematische Entrechtung der Juden fand hier ebenso statt, wie die Ausbeutung von Zwangsarbeitern und die Verfolgung politisch Andersdenkender. Und insoweit ist die Zerstörung der Stadt am 16. November 1944 durch alliiertes Luftbombardement auch kein Schicksalsschlag, der aus dem Nichts erfolgte, sondern die Folge des von Deutschland ausgehenden Krieges, der mit aller Härte eben auch nach Jülich zurückkehrte.

Wir dürfen nicht oberflächlich bei einem „Nie wieder!“ stehen bleiben, sondern müssen uns der Mechanismen bewusstwerden, die eine Schreckensherrschaft wie den Nationalsozialismus möglich machten, um die Wiederkehr eines solchen Systems unmöglich zu machen. Das ist eine gewaltige Aufgabe, die nicht leichter geworden ist. Unsere Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit und muss gegen alle Kräfte verteidigt werden, die ihre Errungenschaften in Frage stellen.

„Die sich des Vergangenen nicht erinnern, sind dazu verurteilt, es noch einmal zu erleben.“

Mit diesem Zitat von George Santayana verbinde ich die Hoffnung, dass die Mehrzahl der Menschen fähig und bereit ist, aus der Geschichte zu lernen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Wegen Sturmschäden Verlängerung Alte Dürener Straße gesperrt

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Gemeinsam gegen fehlende Klinikbetten und viel zu lange Wartezeiten

Die Stadt Bedburg, die allgemeinmedizinische Praxis Dr. med. Wasserberg und das Krankenhaus Jülich kooperieren im neuen Medizinischen Versorgungsverbund Erft-Rur

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Museum Kreativ 2025

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07. & 08.07.2025, jeweils um 20 Uhr, Kuba

Konzert: The Klezmer Tunes

zu Gast bei Kultur ohne Grenzen


09.11.2020 | Pressestelle (allgemein)

82. Jahrestag der Reichspogromnacht

Bild: brennende Kerzen vor Mahnmal
Brennende Kerzen vor Mahnmal

Veröffentlichung von Bürgermeister Fuchs zum Gedenktag

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

im Jahr 2020 ist aufgrund der Corona-Pandemie und der zur Eindämmung des Infektionsgeschehens verordneten Maßnahmen vieles anders als sonst. Auch das gemeinsame November-Gedenken und Erinnern an die Geschehnisse unserer Vergangenheit kann nicht im gewohnten Umfang bei Zusammenkünften an unterschiedlichen Orten in unserer Stadt stattfinden. Trotz der aktuellen Probleme darf es nicht vergessen werden.

Heute erinnere ich daher auf diesem Wege an den 82. Jahrestag der Reichspogromnacht, eine der beschämendsten Stunden der jüngeren deutschen Geschichte, die eine erschreckende, neue Stufe der Eskalation der nationalsozialistischen „Judenpolitik“ darstellte. Die systematische Ausgrenzung, Entrechtung und letztliche Ermordung von Bürgerinnen und Bürgern jüdischen Glaubens während des Nationalsozialismus ist das genaue Gegenteil von dem, was wir heute in unserem Rechts- und Verfassungsstaat Bundesrepublik Deutschland leben und vorleben dürfen. Die Schändung und Zerstörung von Synagogen in ganz Deutschland, die Gewalt gegen Juden und ihren Besitz, fand in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 statt – und das auch in Jülich.

In unserer Stadt hatte sich seit dem 19. Jahrhundert eine lebendige jüdische Gemeinde gebildet. Der Bau einer eigenen Synagoge, die 1862 eingeweiht wurde, stellte einen Höhepunkt in der damals noch jungen Emanzipationsgeschichte der Juden dar. Erst das in preußischer Zeit 1847 erlassene Gesetz „Die Verhältnisse der Juden betreffend“ gewährte den Juden Freizügigkeit und das passive Wahlrecht auf kommunaler Ebene. Nun zogen verstärkt Familien jüdischen Glaubens in die Städte, während das in der Frühen Neuzeit entstandene sogenannte Landjudentum auf den Dörfern mehr und mehr an Substanz verlor. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1911 stieg die Zahl von Mitbürgern jüdischen Glaubens kontinuierlich von 72 auf 178, um danach wieder zu sinken. Die antijüdischen Repressionen des NS-Staates führten dazu, dass 1939 nur noch 52 Juden in Jülich lebten.

Auf dem Weg zum Holocaust stellte die Reichspogromnacht ein Fanal dar, so dass die letzten Nischen, die sich das jüdische Leben in Deutschland bewahrt hatte, ein Ende fanden.

Die Ereignisse um die Schändung der Jülicher Synagoge in dieser Nacht lassen sich nur unvollständig rekonstruieren. Besonders wichtig finde ich es, daran zu erinnern, dass, wie Zeitzeugen berichteten, „an den Ausschreitungen … sich nicht nur NS-Funktionsträger, sondern auch ‚ganz normale‘ Bürger beteiligt“ haben.

Die nach den Ereignissen vom November 1938 ungenutzte Jülicher Synagoge wurde erst beim Alliierten Luftangriff vom 16. November 1944 schwer beschädigt. Trotzdem standen noch nach 1945 beachtliche Teile des Außenmauerwerks, die erst 1958 im Zuge des Baues eines Wohnblocks verschwanden!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft kam nicht von innen heraus, sondern musste von außen erzwungen werden. Der Sieg der Alliierten im Zweiten Weltkrieg über Deutschland bedeutete die Befreiung vom Nationalsozialismus. Er ebnete den Weg zur Demokratie, wenn auch für mehr als 40 Jahre nur für einen Teil Deutschlands und unter Verlust erheblicher Gebiete im Osten Europas. Das Eingeständnis, dass die Herrschaft des Nationalsozialismus so erfolgreich sein konnte, da sie weite Teile der Bevölkerung aller Regionen Deutschlands durchdrungen hatte, ist aus lokaler Perspektive schmerzlich. Die Stadt Jülich bildete hier keine Ausnahme, keine „Insel der Seligen“, sie war vielmehr Teil des Unrechtssystems des Dritten Reiches. Die systematische Entrechtung der Juden fand hier ebenso statt, wie die Ausbeutung von Zwangsarbeitern und die Verfolgung politisch Andersdenkender. Und insoweit ist die Zerstörung der Stadt am 16. November 1944 durch alliiertes Luftbombardement auch kein Schicksalsschlag, der aus dem Nichts erfolgte, sondern die Folge des von Deutschland ausgehenden Krieges, der mit aller Härte eben auch nach Jülich zurückkehrte.

Wir dürfen nicht oberflächlich bei einem „Nie wieder!“ stehen bleiben, sondern müssen uns der Mechanismen bewusstwerden, die eine Schreckensherrschaft wie den Nationalsozialismus möglich machten, um die Wiederkehr eines solchen Systems unmöglich zu machen. Das ist eine gewaltige Aufgabe, die nicht leichter geworden ist. Unsere Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit und muss gegen alle Kräfte verteidigt werden, die ihre Errungenschaften in Frage stellen.

„Die sich des Vergangenen nicht erinnern, sind dazu verurteilt, es noch einmal zu erleben.“

Mit diesem Zitat von George Santayana verbinde ich die Hoffnung, dass die Mehrzahl der Menschen fähig und bereit ist, aus der Geschichte zu lernen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

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